7 Tipps, um das Hochstapler-Syndrom zu überwinden.
Ich behaupte mal, jede von uns kennt das Gefühl: Wir übernehmen eine Aufgabe, halten einen Vortrag, bearbeiten einen Auftrag und denken: "Hoffentlich merkt niemand, dass ich davon überhaupt keine Ahnung habe!" Die gute Nachricht: Das so genannte Hochstapler-Syndrom (auch bekannt als Impostor Syndrome) erwischt JEDEN und es ist kein "Privileg" von uns Frauen. Die zweite gute Nachricht: Wir können etwas dagegen unternehmen, um dieses Gefühl nicht übermächtig werden zu lassen..
Leidest du am Hochstapler-Syndrom? Foto: Elnur - Fotolia.de
Das Hochstapler-Syndrom bezeichnet das Gefühl, das wir haben, wenn wir glauben anderen nur vorzumachen wir hätten Ahnung von einem bestimmten Thema. Da liegt es auf der Hand, dass wir gerade im Beruf von dieser Angst befallen werden.
"Was wird passieren, wenn die anderen merken, dass ich in dem Thema überhaupt nicht fit bin? Was, wenn sie Fragen stellen?"
Wenn die Kollegen oder der Chef wirklich nachfragen sollten, dann werdet ihr darauf trotzdem eine Antwort wissen. Und falls nicht, ist es auch kein Beinbruch zuzugeben, dass ihr euch da noch schlau machen müsst. Aber das passiert so gut wie nie, weil außer euch nämlich niemand eure Kompetenz anzweifelt.
Was auch zum Hochstapler-Syndrom gehört - obwohl es sich im ersten Moment widersinnig anhören mag - ist das Tiefstapeln. Wir wischen Komplimente zu erfolgreicher Arbeit mit Sätzen wie "Da hatte ich Glück!" vom Tisch oder "Ach, das war doch nichts Besonderes". Anstatt selbstbewusst darauf hinzuweisen, dass wir wirklich gute Arbeit geleistet haben und uns für die Anerkennung zu bedanken.
Wie könnt ihr diese Haltung ändern?
1. KOMPLIMENTE SLBSTBEWUSST ANNEHMEN
Zuerst könnt ihr ganz einfach und ohne irgendwelche Abschwächungen laut "Danke!" sagen, wenn euch jemand ein Kompliment macht. Sei es zu eurer Arbeit, zu eurem Aussehen oder wenn jemandem der Kuchen geschmeckt hat, den ihr gebacken habt. "Das war aber nur eine Backmischung!" gehört zu den Sätzen, die ihr künftig streichen solltet.
Witzigerweise habe ich diese Haltung seit ich ein Teenie bin, und zwar auf Anregung der damaligen SFB-Kindersendung tam tam aktuell. Damals ging es in einer Folge genau darum: Dass wir nicht abwinken sollen, wenn wir ein Kompliment bekommen, sondern uns einfach bedanken. Das habe ich mir gemerkt und wende es seit damals an.
Vermutlich denkt ihr trotzdem häufig, dass die Leute euch die Komplimente zu Unrecht machen und ihr absolut keine Ahnung habt, warum Menschen euch für kompetent halten. Dann kommt Schritt zwei:
2. ERFOLGSBILANZ ERSTELLEN
Macht euch klar, was ihr alles schon geschafft habt und denkt nicht ständig darüber nach, was ihr NICHT erreicht habt. Ähnlich, wie ich lieber eine "Done"-Liste erstelle als ständig "To do"-Listen vor der Nase zu haben, versuche ich wertzuschätzen, was ich bereits erreicht habe. Ja, es ist wahr, ich habe seit längerer Zeit keine neuen Buchveröffentlichungen vorzuweisen. Was jedoch viel mehr zählt: Ich habe bereits 15 Bücher veröffentlicht, habe viele neue Buchideen, bei der sich gerade zwei vielversprechende herauskristallisieren und überdies habe ich viel an diesem Lifestyle-Magazin hier gearbeitet (und an diversen anderen Online-Projekten). Das ist auf meinem Gebiet mehr, als andere in ihrem ganzen Leben schaffen. Vier Kinder habe ich auch dabei großgezogen und in wenigen Wochen werde ich zusätzlich tagsüber auf mein Enkelkind aufpassen, das bald geboren wird. Wer bietet mehr?
3. ERFOLG NEU DEFINIEREN
Was ist Erfolg für euch? Ein dickes Bankkonto? Seid ihr erst zufrieden, wenn ihr selbst ein Auto finanzieren konntet oder gar ein Haus? Und das habt ihr alles nicht geschafft?
Ich hadere beispielsweise schon seit langem damit, dass sich der monetäre Erfolg meiner Arbeit am besten mit dem Wort Peanuts umschreiben lässt. Dass ich damit nicht zufrieden bin, liegt auch zu einem großen Teil an der Erwartungshaltung anderer und daran, dass ich meine Arbeit zu oft mit dem vergleiche, was andere geschafft haben. Allerdings ohne dabei zu wissen, wie viel Energie und / oder Geld diese anderen investiert haben mögen, um dorthin zu kommen, wo sie jetzt sind. Mir fallen dabei immer die Bestseller-"Debüts" ein. Selten ist es wirklich das erste Buch, das so groß rauskommt. Und selbst wenn es die erste Veröffentlichung ist, so gingen dieser trotzdem Millionen geschriebener Worte voraus (oder Veröffentlichungen unter anderem Namen ...)
Sätze wie: "Dafür hast du aber vier Kinder großgezogen", haben mich lange Zeit eher wütend gemacht, weil es sich nicht mit dem Wunschbild deckt, dass ich von mir und meiner Arbeit habe. Außerdem ist es natürlich auf Dauer frustrierend, wenn man sehr viel Arbeitszeit investiert und am Ende Dreieurofuffzich dabei herauskommen. Und trotzdem haben diese Menschen mit o.g. Satz recht.
Wenn ihr am gleichen Punkt angelangt seid, dann kann es helfen, wenn ihr einen Schritt zurücktretet und versucht herauszufinden, ob eure Erfolge vielleicht auf anderem Gebiet liegen. Wenn sich euer Erfolg (noch) nicht in Heller und Pfennig bemessen lässt, dann habt ihr aber möglicherweise schon viele Menschen berührt, mit dem, was ihr getan habt. Vielleicht konntet ihr Leute inspirieren, die Dank eurer Worte den richtigen Weg in ihrem Leben gefunden haben. Oder ihr habt einfach nur selbst Erfüllung gefunden, mit dem, was ihr tut. Wenn das kein Erfolg ist, dann weiß ich auch nicht. Das ist nämlich schon mehr, als viele andere von sich behaupten können. Hochstapelei ist das nicht.
Ihr seid auf dem richtigen Weg und könnt an euren nächsten Zielen arbeiten.
4. PERFEKTIONISMUS ABSCHAFFEN
Oft glauben wir, nicht gut genug zu sein, weil der Anspruch an uns selbst überlebensgroß ist. Dabei sollten wir uns vor Augen halten, dass niemand ALLES über ein Fachgebiet weiß. Meist ist ein "okayes" Wissen völlig ausreichend, weil die anderen über euer Gebiet viel weniger (oder nichts) wissen und immer noch von euch lernen können. Wenn es anders wäre, könnten sie den Vortrag ja selber halten oder das Sachbuch selber schreiben.
Also, beim nächsten Mal den Vortrag nicht wortwörtlich auswendig lernen. Es reicht, den roten Faden im Kopf zu behalten. Und wenn ihr euch mal versprecht - kein Problem. Jeder macht Fehler. Es ist nicht nötig, dass Perfektion eure geheime Superkraft ist. Hochstapler seid ihr trotzdem nicht.
5. ERFOLGSTAGEBUCH FÜHREN
Auch wenn ihr euch gelegentlich wie Betrügerinnen fühlen mögt: Ab und zu stellen sich auch bei euch echte Erfolgserlebnisse ein, die euch glücklich machen. Dieses Gefühl solltet ihr konservieren, damit es euch sicher durch das nächste Tal der Selbstzweifel tragen kann. Ihr könnt gute Erlebnisse in einem Erfolgstagebuch festhalten oder ihr gestaltet eine hübsche Karte mit dem neuesten Super-Coup und hängt sie euch über den Schreibtisch.
6. BERÜHMTE "HOCHSTAPLER"-VORBILDER
Wenn ihr das Internet durchstöbert, werdet ihr feststellen, dass auch bekannte Menschen, denen man das Attribut "erfolgreich" zuordnen würde, immer wieder denken, sie hätten den Erfolg nur durch Glück erworben. Oft glauben sie sogar, dass sie ihn gar nicht verdient haben, weil sie nicht gut genug seien.
Wenn also die kluge Hermine Granger auch glaubt, dass sie nichts kann, fühlt ihr euch dann nicht gleich besser? Oder Jodie Foster, die in ihrer Laufbahn in Filmen wie Das Schweigen der Lämmer oder Flight Plan eine fantastische schauspielerische Leistung erbracht hat - wie kann sie glauben nicht gut genug zu sein?
Ihr seht also: Das Hochstapler-Syndrom scheint eine Art Wahrnehmungsstörung zu sein, die auch vor sehr erfolgreichen Menschen nicht Halt macht. Abgesehen davon, dass auch Männer diese Art von Selbstzweifeln kennen (eigentlich jeder, den ich bisher fragte), scheint es unter Frauen entweder weiter verbreitet zu sein oder wir bekennen uns eher dazu. Männer mögen auch gelegentlich an sich selbst und ihren Fähigkeiten zweifeln, aber sie neigen dazu, dann trotz allem zu sagen: "Was soll's - ich bin trotzdem großartig!" Eine Haltung, die zu übernehmen sich lohnen könnte.
7. DON'T FORGET TO BE AWESOME
Apropos Haltung: Unsere Stimmung beeinflusst nicht nur unsere Haltung (wenn wir niedergeschlagen sind, sinken wir häufig in uns zusammen), sondern es funktioniert auch umgekehrt. Amy Cuddy hat den Einfluss unserer Körperhaltung auf unsere innere Haltung sehr ausführlich in ihrem berühmten TED-TALK dargelegt. Seither stelle ich mich immer breitbeinig hin - Hände in die Hüften gestützt, Brust raus, tief durchatmen - wenn ich einen Termin habe, bei dem es darauf ankommt, dass ich stark bin und meinem Gegenüber klar machen möchte, dass ich mir nicht die Butter vom Brötchen kratzen lasse. Es ist schier unglaublich, wie gut das funktioniert. Nur zwei Minuten und ich fühle mich der vor mir liegenden Aufgabe vollkommen gewachsen. Hilft auch gegen Lampenfieber.
Ich bin sowieso ein absoluter Fan davon, mein Unterbewusstsein nach allen Regeln der Kunst positiv zu beeinflussen. Deshalb bin ich auch der Ansicht, wenn wir uns öfter mal sagen würden, dass wir großartig sind, würden unsere Selbstzweifel-Wichtel viel seltener auf unserer Schulter sitzen und flüstern: "Du bist gar nicht gut genug." Denn wir sind wirklich großartig in dem, was wir jeden Tag leisten. Und du auch.
Mag sein, dass wir manchmal wir trotzdem ein bisschen schummeln, aber was ist an ein bisschen Fake it, till you make it eigentlich verwerflich? Letztlich bedeutet "Till you make it" ja, dass wir irgendwann ohnehin dort ankommen, wo wir hinwollen. Also los. Schubst die Selbstzweifel vom Thron! Kein Mensch merkt, wenn ihr noch was lernen müsst. Das müssen sowieso alle, und zwar lebenslang.
Denkt ihr auch manchmal, dass ihr eigentlich nix könnt? Habt ihr noch andere Ideen, was man dagegen tun kann? Ich freue mich über eure Kommentare!
ZUSAMMENFASSUNG FÜR EILIGE LESER
So fühlt ihr euch nicht mehr wie Hochstapler:
1. Nehmt Komplimente mit einem einfachen "Danke" an.
2. Macht euch klar, was ihr alles schon erreicht habt.
3. Macht euren Erfolg nicht nur an finanziellen Aspekten fest.
4. Ihr müsst nicht perfekt sein! Niemand (außer euch selbst) verlangt das von euch.
5. Schreibt eure Erfolge auf, damit ihr in schlechten Zeiten davon zehren könnt.
6. Auch super-erfolgreiche Menschen, glauben den Erfolg gar nicht verdient zu haben.
7. DFTBA! Ihr seid großartig und Fake it till you make it ist absolut legitim.
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Ihr könnt den Podcast und die anderen Inhalte von mama-im-job.de bei Patreon unterstützen und so dafür sorgen, dass ich weiterhin in der Lage bin, hochwertigen Content für berufstätige Mütter zu produzieren. Vielen Dank!
# Link | Petra A. Bauer | Dieser Artikel erschien am Sonntag, 14. Juni 2015 um 17:03 Uhr in KARRIERE, Business
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Tags: Selbstzweifel, Perfektion, Komplimente richtig annehmen, Impostor Syndrome, ich kann nichts, Hochstapler-Syndrom, fake it till you make it, Erfolg, Don't forget to be awesome, DFTBA, Betrüger
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