1. September - Tag des Briefeschreibens
Ich kann nicht glauben, dass wir schon September haben! Eben war doch noch Februar und unser zweites Enkelkind wurde geboren ... Tja, hilft nix, der Kalender lässt sich nicht zurückstellen. Und wenn wir schon den 1. September haben, dann weise ich mal auf den Welttag des Briefeschreibens hin, und was mir Briefeschreiben bedeutet.
Zeichnung zum Welttag des Briefschreibens von Petra A. Bauer, 1. September 2022
Meinen Eltern habe ich nur "Briefe" geschrieben, als ich ganz klein war. Es handelte sich um Nachrichten, die ich auf Klopapierblätter schrieb und ihnen, meist meiner Mutter, aufs Kopfkissen legte. Später schrieb ich ihnen nur mal Postkarten aus dem Schullandheim oder sonstwo aus dem Urlaub, aber keine Briefe mehr.
Ich war aber eine große Dankesbriefbschreiberin. Wann immer ich Geschenke oder Geld zum Geburtstag und zu Weihnachten von meiner Verwandtschaft oder den Freundinnen meiner Mutter bekam, schrieb ich einen Dankesbrief. Wie freiwillig das eigentlich war, das weiß ich nicht mehr. Auf jeden Fall war es höflich, und das ist mehr, als man heute so von den Leuten sagen kann. Vermutlich, weil niemand mehr fragt "Hast du dich schon bei Tante XY bedankt?"
ZWISCHENRUF: MEIN NEUES BUCH
(Danach geht's weiter mit dem Briefe-Text)
Euch fehlt noch unterhaltsame Sommerlektüre für den Urlaub oder ein faules Wochenende? Dann ist Mittsommer-Romanze genau das Richtige für euch. Mein Pseudonym Katarina Andersson-Wallin steht für Liebesromane, die in Schweden spielen. Der Weihnachtsroman erscheint am 3. November 2023.
Aber selbst, wenn ich die Dankesbriefe mal erst nur auf Nachfrage geschrieben habe - ich schrieb gerne und oft. So gerne, dass ich mir einen ganzen Schwung Brieffreund:innen angelacht habe. Es gab damals eine Plattform, die hieß "International Youth Service", kurz IYS. Da dies rund 15 oder 20 Jahre vor der Erfindung des Internets stattfand, lief alles per Mundpropaganda ("Kennst du schon den IYS?") und natürlich per Post. Dieser Service saß in Helsinki und ich habe die Werbung dafür von einer Klassenkameradin erhalten. Man konnte sich gegen Cash bis zu fünf Adressen bestellen (wäre heute undenkbar, oder?). Abgefragt wurden Wunschländer, Sprachen, Hobbys, etc. und als ich das alles angegeben und in einen Luftpostumschlag gestopft hatte, hieß es warten. Irgendwann kam dann der ersehnte Brief mit den fünf Anschriften der potenziellen Brieffreund:innen (oder PenPals, wie es international hieß). Ich weiß nicht mehr, welche die ersten fünf waren, aber ich erinnere mich an Kathleen McKenna aus Dublin, Kati Leivonen aus Finnland (genauer, aus Kirkonkylänmäki - das weiß ich echt noch aus dem Kopf), Katarina Åkesson aus Schweden, Sophia Ratkovic aus Australien und an Jarvis Cocker aus Großbritannien, bei dem ich mich heute frage, ob es DER Jarvis Cocker ist, der britische Musiker. Er hatte kein Foto geschickt, sondern eine Kuli-Zeichnung von sich: Dunkle Brille und dunkle strubbelige Haare. Also, wer weiß?
Es gab beim IYS eine Regel: Antwortete der / die angeschriebene Brieffreund:in nicht innerhalb einer angemessenen Zeit, konnte man kostenlos eine Ersatz-Adresse bekommen. Natürlich war das eine Einladung zum Schummeln *hüstel*, jedenfalls, wenn man so viel und gerne schrieb, wie ich. Kurz und gut: Am Ende hatte ich 16 Brieffreund:innen, die über die ganze Welt verstreut waren. Um Geld zu sparen, sandte ich vor allem in Länder wie Australien und die USA sog. "Luftpostleichtbriefe", auch Aerogramm genannt. Im Grunde ein gefaltetes, sehr dünnes Blatt Papier, das gleichzeitig Brief sowie Umschlag war (hier bei Wikipedia könnt ihr euch sowas anschauen). So ein Ding brauchte nach und von Australien rd. 4 Tage. Ziemlich fix, aber damals war die Post ja auch noch nicht privatisiert.
Wenn wir normale Briefe schrieben, legten wir Passbilder von uns dazu und klebten Kleingeld rein um zu zeigen, wie die Münzen in unserem Land aussahen.
Und weil mir das alles nicht reichte, habe ich noch eine Anzeige im Micky-Maus-Heft geschaltet, durch die ich einen Schweizer Hobby-Libero als Brieffreund gewann, und Ginette aus Luxemburg, mit der ich noch schrieb, als sie schon ihren Sohn adoptiert hatte. (Und diese Anzeige brachte mir 10 Jahre später eine sehr lustige Telefonfreundschaft ein. Gott, was waren wir brav und naiv damals. Heute würde ich sowas nicht mehr machen.)
Und dann sind da noch meine beiden Urlaubsfreundinnen Karin und Karin. Die eine lernte ich 1976 in Hohwacht an der Ostsee kennen, die andere 1978 auf Sylt. Beide stammen aus Norddeutschland und der Kontakt besteht bis heute. Wir haben uns öfter gegenseitig besucht (auch als wir selber schon Kinder hatten) und immer wieder Briefe geschrieben. Tatsächlich hat es sehr lange gedauert, bis ich mich bei den beiden überwinden konnte, eine WhatsApp-Nachricht zu schrieben, weil es doch meine BRIEFfreundinnen sind.
Dieses Briefeschreiben konnte sich übrigens auch mal über Monate hinziehen. Ich fing einen Brief an und schrieb Tage oder Wochen später weiter. Und dann nochmal Wochen später, je nachdem, was so passierte. Das konnten dann auch schon mal 17 DIN A 4-Seiten werden. Und ich fand es sehr lustig, wie anders meine Schrift in jedem Abschnitt aussah: Mal nach links geneigt, mal nach rechts - aber immer Sauklaue :-D
Ich habe mir jeden Brief vor dem Abschicken übrigens mehrfach durchgelesen und - wenn nötig - Rechtschreibfehler korrigiert.
Wir haben übrigens die meiste Zeit auf Umweltpapier geschrieben, das leicht grau (wegen Recycling) und mit irgendwelchen niedlichen Sachen bedruckt war. Natürlich mit dazu passenden Briefumschlägen. Und wenn es einfach mal nur das karierte oder linierte Papier aus dem Schulblock war, haben wir selber was dazu gezeichnet. Mit der einen Karin tauschte ich immer kleine bunte Kopffüßler aus. Das eine oder andere Pillhuhn habe ich auch gezeichnet. Oder Pferde von einer Postkarte auf Butterbrotpaier abgepaust und aufgeklebt.
Ich hab da mal was für euch bei ETSY eingestellt :-)
Ich hatte wirklich viel Spaß in der Welt des Briefeschreibens und bedauere es schon manchmal, dass ich stattdessen nur noch in mein Bulletjournal schreibe. Aber vielleicht ist dieser Tag ja mal ein Anlass, wieder einen echten altmodischen Brief zu schreiben. Denn irgendwie sind Briefe ja auch Social Media. Wenn auch nicht mit so vielen Empfängern.
Wobei ... Wir haben jahrelang Weihnachtsrundbriefe verschickt, als die Kinder klein waren. Darin schilderten wir die Meilensteine des jeweiligen Jahres, druckten alles aus und schickten es an Familie und Freunde, die in jedem Jahr schon ungeduldig darauf warteten. Sogar heute bekomme ich noch Rückmeldungen und die Frage: "Warum schreibst du das nicht mehr? Wir haben uns immer auf die Updates gefreut!" Vermutlich bin ich irgendwann an meinem eigenen Anspruch gescheitert. Denn wenn es anfangs nur eine DIN A 4 Seite war, war es am Schluss ein ganzes layoutetes Heft mit Zeichnungen und Fotos - im Grunde ein Zine. Und das habe ich in der Vorweihnachtszeit irgendwann nicht mehr auf die Kette gekriegt.
Und nicht zu vergessen: die wichtigsten Briefe in meinem Leben: Das waren Liebesbriefe zwischen meinem Mann und mir, und zwar die beiden, die sich über dem Antlantik trafen (ich war mit einem Uni-Projekt noch drei Wochen in San Francisco und Micha hatte schon wieder nach Hause fliegen müssen). Darin haben wir uns gegenseitig gefragt, ob wir nicht endlich heiraten wollen :-) Das ist jetzt 34 Jahre her (wir sind seit 39 Jahren zusammen und haben uns viele Liebesbriefe geschrieben).
Wie ist es bei euch? Hattet oder habt ihr Brieffreundschaften? Wie intensiv waren die? Habt ihr Rundbriefe geschrieben?
Ich bin auf die Antworten in euren Kommentaren oder auf Insta unter diesem Bild (oder in einem eigenen Blogbeitrag natürlich) gespannt!
Liebe Grüße an die Füße! (ja, so haben wir uns in unseren Briefen manchmal verabschiedet ....)
Offizielle Website des World Letter Writing Day
# Link | Petra A. Bauer | Dieser Artikel erschien am Mittwoch, 31. August 2022 um 20:20 Uhr in LIFESTYLE, Social Media & Digital Lifestyle
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